Sonntag, 17. August 2008

Sterben und Tod - Vom Überschreiten einer Grenze

Man stelle sich einen Nebelvorhang vor, auf dessen anderer Seite auf zwei Schildern die beiden Wörter "Sterben" und "Tod" hängen.
Bisher war dieser Nebelschleier ziemlich kompakt, ließ die beiden Wörter nur verschwommen sichtbar werden. Rückte der Nebel etwas näher, war es möglich, anhand von Verdrängung und Unterdrückung die klare Sicht auf die beiden Wörter zu bannen. Zur Not drehte ich mich einfach weg, zeigte dem Nebel den Rücken.

In einem bestimmten Moment gestern lüftete sich dieser Nebelvorhang vor meinem geistigen Auge. Und wie ich meinen Körper auch drehen mochte, mein Blick blieb wie festgeklebt an den beiden Schildern hängen.

Als ich da draußen saß - die schrecklichen Worte des Arztes wirbelten noch immer ziellos durch meinen Kopf - dachte ich mit erstaunlicher Klarheit: "Jetzt stirbt dein Kleiner. Jetzt kommt der Tod. Vielleicht ist er schon angekommen." In diesem Moment habe ich die Grenze überschritten.

Die Grenze vom Reich der Selbsttäuschung hinein ins Land der letzten, schlimmsten Wahrheit. Des Alles oder Nichts bedeutenden. Des wirklichen Bewusstseins darüber, wie einfach es ist, dass uns diese eine Sache, die wir unmöglich käuflich erwerben können; diese eine Sache, mit der wir oftmals so achtlos umgehen, genommen wird.
LEBEN.

Seit dem beschriebenen Moment kann ich die beiden Wörter denken, aussprechen und niederschreiben. Ohne in den Nebel greifen zu müssen, um sie so gut wie möglich zu verwischen.

3 Kommentare:

Claudia hat gesagt…

Lieber Martin, einmal in den Abgrund geschaut zu haben, prägt. Und verbindet. Ihr kriegt das hin. Jeder Tag mehr Erholung für Maximilian ist ein guter Tag! Ich habe beim Sternenfest, vielleicht hast Du drüber gelesen, auch an Max gedacht, als wir Mias Luftballon haben steigen lassen. Alles Liebe und Gute euch von hier,

Claudia

Anonym hat gesagt…

ich denke sehr an euch...
heute kam via amazon endlich mein väterglück hier an mit deinem tollen beitrag.
alle kraft der welt für den kleinen, tapferen engel sende ich euch!

alles liebe,
iko

...und ja: er soll sich unterstehen, seine flügel anzulegen! er wird gebraucht in dieser welt!

Dany+Tony hat gesagt…

Guten Morgen
Per Zufall bin ich auf diesem Blog gelandet. Und ich hab einige Beiträge durchgelesen. Ich wünsche eurem Max viel viel Mut,Durchhaltewillen und viel Kraft. Ein gutes Umfeld hat er ja schon, es ist toll wie ihr den Kleinen unterstützt!!
Ja, das mit dem Grenzen überschreiten kenne ich, das ist gut geschrieben und erklärt. Die Dinge beim Namen nennen, ihnen in die Augen schauen. Und wenn man mal soweit ist, dann tut es nicht mehr so sehr weh wie davor. Man ist stolz es endlich zu können, den Nebel durchbrochen zu haben. Man fühlt sich auch irgendwie befreit, muss nichts mehr verdrängen. Im Blog meiner Tochter (www.myblog.de/smileygirl) habe ich es erklärt wie ich es gefühlt habe, wie ICH meine Grenzen überschritten habe (unter *Die Sicht einer Mutter*)
Wir können unseren Kindern helfen, indem wir sie unterstützen, trösten, Kraft geben und Beistand zusprechen.
Ich wünsche euch alles Gute!!
Liebe Grüsse aus der Schweiz!
Dany

 
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