Dienstag, 17. Februar 2009

Wenn Keuchhusten zum Tod führt - die Impfdiskussion in der Schweiz

Vor wenigen Tagen starb ein kleines Mädchen in der Schweiz, weil ihre Lunge verschiedenen Belastungen einfach nicht mehr standhielt.
Ihre Mutter - eine Mutter, wie man sie sich liebevoller nicht vorstellen kann - informierte uns die ganze Zeit über in ihrem Blog.
Gerade eben fühlte sie sich gezwungen, ihr Blog der großen Öffentlichkeit unzugänglich zu machen.
Denn es ist nicht zu fassen, was man dieser Mutter gerade antut.

Anscheinend durch Titelseitenberichte in zwei kleinen Regionalzeitungen aus der Nähe von Basel ausgelöst, hat sich das Thema mittlerweile auf nationale Ebene hochgeschaukelt. Und wird zum Politikum.
Impfpflicht ja oder nein? - scheint nur ein Zwischenschritt gewesen zu sein, denn bereits jetzt ist die Diskussion auf einer noch höheren und hässlicheren Ebene angelangt und artet aus.
siehe z. Bsp:
°Berner Zeitung
°Tagesschau SF
°BAZ online


So wichtig die Diskussion um die Impfpflicht sein mag, prangere ich doch dieses unsäglich unsensible, antihumane Verhalten mit seiner kompletten Ignoranz des Einzelschicksals - in diesem Fall der Situation im schlimmsten aller Momente, der einer Familie passieren kann - an.

Liebe G., Du kannst wahrscheinlich gar nicht begreifen, was da gerade passiert.
Versuch bitte, sie zu ignorieren.
Sei Dir meiner Solidarität und der unzähliger anderer Leute gewiss!

11 Kommentare:

Claudia hat gesagt…

Ist das nicht schrecklich?
Ich hoffe wirklich und aus tiefstem Herzen, dass diese mir lieb gewordene Familie morgen abgeschirmt mit Mirjam ihren letzten Weg gehen kann. Schrecklich, unglaublich, diese Ereignisse.

Insbesondere die von Dir gewählten Labels finde ich sehr passend.

Grüsse,
Claudia

Anonym hat gesagt…

Hallo,

wie immer schaue ich hin u. wieder bei euch vorbei.

Diese Diskussion ist schon einiges länger im gange hier in der Schweiz.

Das hat mit Mirjam nichts zu tun.

Das sind halt Schicksale welche uns betroffen machen.

Wir haben in letzter Zeit soo viele Epidemien, vorallem im Raum Basel, was natürlich die Gemüter etwas Impulsiver werden lassen.
Vorallem wen leider ein Kind an einer Kinderkrankheit stirbt.


Das hat mit M. & G. in dem Sinn nichts zu tun.


Mein Beileid an die Familie.

LG aus der Schweiz
Nadja (pluto)

Unknown hat gesagt…

Ich finde, es hat ALLES mit M & G zu tun, liebe Nadja (vielen Dank für Deinen Kommentar).
Es geht mir nicht darum, bekannt zu geben, DASS die Diskussion - und schon länger - besteht, sondern darum, dass, angefangen bei den Ärzten über die Medien bis hin zu den Kommentatoren niemand die Feinfühligkeit besitzt, daran zu denken, mit was für einem Schwergewichtshammer sie da auf die Familie, die sich im tiefsten Tal der Emotionen befindet, einschlagen.

Denn - wenn auch nicht direkt ausgesprochen - wird hier ein Schuldspruch gefällt. Eine Schuld am Tod der Kleinen vergeben.
Und weder die Ärzte noch die Medien können die Endkommentatoren - diejenigen, die mit allerschmutzigstem Schmutz um sich schleudern ... viele von ihnen nicht, um etwas zu erreichen, sondern um des Schleuderns willens ...- verantwortlich machen für das, was ihre "Unvorsichtigkeit" jetzt über die Familie hereinbrechen lässt. Denn sie wissen, das politische Schlachten mit allen Mitteln geschlagen werden.

Ich habe eine Menge Kommentare in diversen Zeitungen gelesen (mittlerweile dürfte es naturgemäß kaum noch eine Schweizer Zeitung geben, die den Fall nicht aufgegriffen hat) und beim Lesen vieler dieser Kommentare wird mir einfach schlecht, vor allem, wenn ich daran denke, dass diese Kommentare auf die eine oder andere Weise auch der Familie vor Augen kommen werden.

Ich halte diese Handhabe für inhuman.

Anonym hat gesagt…

Ich gebe dir Recht, die Kommentare in den Zeitungen sind teilweise unter aller Sau. Doch vergiss nicht die Meinungsfreiheit. Es fängt doch beim alltäglichen an, wie wir miteinander umgehen.
Dementsprechend ist es keine Überraschung wie Personen Anonym miteinander umgehen. Ich finde auch, dass man nicht immer alles ausplaudern soll, was man gerade denkt....gerade eben wegen der Rücksichtsnahmen.


Es ist nicht mal der Beitrag in den Zeitungen (ich finde diese nicht entwürdigend geschrieben)aber wie du schreibst die Kommentare.


Aber eben das Thema war in den Letzten Wochen schon ein Thema in den Top 10 der Medien. Von dem her nicht unbedingt ungewöhnlich.
Das Medien alles verschlimmern ist tatsache, dass war bei dem Hunde thema auch so.


Ich bin in Gedanken bei der Familie. Sie sollen abstand zu den Medien halten und am besten Zeitungen weg und TV off. Sich die Gespräche nicht auf SICH beziehen lassen. Alles nicht so einfach.


Alles gute

Liebe Grüsse
Nadja

Unknown hat gesagt…

Vollkommen einverstanden, Nadja.

Ich sehe die Zeitungsartikel an sich auch nicht als entwürdigend verfasst an.

Das Einzige, worum es mir ging, ist die Familie.

Weisst Du, ich habe eine ganze Weile überlegt, ob ich das Thema aufgreifen soll, denn es stand ja eventuell auch zu befürchten, dass sich hier eine ähnliche Schlammschlacht in den Kommentaren entwickeln würde. Eine Entwicklung und nervige Auseinandersetzung, die ich selbst kaum gebrauchen kann in meiner derzeitigen Verfassung auf Grund der Probleme Maximilians. Der bald kommenden Dinge.

Wenn man aber jemanden "persönlich kennt", dann gehen einem solche Sachen wie die, mit denen sich G. konfrontiert sieht, doch noch viel tiefer unter die Haut. Und genau deshalb, und weil ich es manchmal nicht aushalte - ich zitiere Dich:
Dementsprechend ist es keine Überraschung wie Personen Anonym miteinander umgehen. Ich finde auch, dass man nicht immer alles ausplaudern soll, was man gerade denkt....gerade eben wegen der Rücksichtsnahmen. - diese Entwicklungen stillschweigend zu akzeptieren, habe ich doch geschrieben.

Irgendjemand muss doch den Mund aufmachen. So etwas ist in der heutigen Zeit mehr denn je oft ein wenig unbequem, aber das nehme ich in Kauf.

Liebe Grüsse zurück
Martin

Anonym hat gesagt…

Lieber Martin,
in der gestrigen Zeitung stand unter dem Titel:Ungeimpftes Mädchen stirbt an Keuchhusten
Zitat:"Wäre das Kind geimpft gewesen,hätte es überlebt",sagt der Baselbieter Kantonsarzt Dominik Schorr gegenüber Radio Basilisk.....usw. Ich finde, dass ist eine sehr direkt ausgesprochene Schuldzuweisung!Wie grausam für die trauernde Familie und ein extremer übergriff auf die Privatsphäre, wenn im gleichen Artikel sogar der Wohnort der Betroffenen erwähnt wird.Ich bin echt geschockt und frage mich, ob die Aerzte sowas überhaupt ausplaudern dürfen,schliesslich stehen sie doch unter Schweigepflicht. LG Mirjam

Anonym hat gesagt…

Hoi Martin,

Das ist dein Blog und da kannst u. darfst du dich vollkommen ausleben.

Mir ging es darum, dass in diesen tollen Zeitungs Portalen immer zuerst geschrieben wird, anstatt kurz zu überlegen. Wo befinde ich mich. Habe ich überhaupt das Recht dazu. Meinung zu haben ist das einte. Meinungen sind nunmal verschieden. Nicht immer auf den Mund zu sitzen... ja Martin aber das tun die anderen ja auch nicht aber nicht alle sind deiner Meinung. Es fehlt doch gerade hier an Menschlichkeit. Mensch zu sein, halt wirklich einmal auf den Mund sitzen und die Familie trauern zu lassen. etc...


Wie immer Martin, liebe ich es wie du schreibst. Dein Art gefählt mir.
Deshalb komme ich gerne her oder schau ob du wiedermal bei der SF hast was stehen lassen.


Der Wohnort des Kinder zu nennen ist evtl. recherchiert von der Zeitung und hat dem Herr XY dies zugeschrieben. Ich weis es nicht, sind halt Medien.

Umgebung ist eines, dass andere ist der Explizite Wohnort. Da man aber mit Herr Google einiges rausbekommt war es wohl nur eine Frage der Zeit bis man den genauen Wohnort gefunden hätte. Sollte dieser Arzt wirklich ausgeplaudert haben wo M. gewohnt hat, dann sehe ich doch eine Verletzung der Schweigepflicht.

In dem Bsp. welches gebracht wurde war es aber nicht der Behandelte Arzt sondern der Kantonsarzt.


Natürlich ist es aber halt auch für die Bevölkerung von Interesse ob das Kind nun trotz evtl. Impfung an Keuchhusten erkrankt ist. Mit dem Link... das Mädchen hätte mit einer Impfung überlebt, nimmt dieser Herr indirekt Eltern geimpfter Kinder ein Stück last ab.
(Das ist schwer zum Erklären wie ich das meine!)

Das verschwiegen wird, dass "vielleicht" das Mädel nicht geimpft war weil ...... , wird man wohl nie lesen.

Es ist ein sehr heikles Thema. Da hat eine Familie ihr Kind verloren.



Da ich leider Gabi und ihre Kinder nicht gekannt habe/ kenne. Schau ich auf diese Aussagen, Zeitungsartikel einwenig anderst.
Ich sehe nicht überall ein übergriff auf die Familie oder eine Schuldzuweisung.

Ich erkenne nun auch keine effektive Schuldzuweisung von dem Kantonsarzt. Er hat ja nicht gesagt hätte die Mutter dieses Kindes, das Kind geimpft. Er sagte lediglich wäre das Kind geimpft gewesen, dann hätte es überlebt.


Nunja ich sehe ein Unterschied. Ich weis ihr nicht. Ich nehme es euch nicht übel.



Es ist tragisch genug um im Moment darüber zu streiten. Die Gedanken sollen bei M. und ihrer Familie, Verwandten, Bekannten und euch Freunden sein.


Ich denke an Euch!


Martin ich hoff wieder mehr von dir und deiner tollen Familie zu lesen.


Alles liebe euch allen.


Liebe Grüsse
Nadja



p.s Ich kann mich leider nicht richtig ausdrücken, was ich genau sagen wollte.

Suse hat gesagt…

Jetzt weiß ich schon mal, warum ich nicht mehr auf Mirjams Blog komme...

Und zur Diskussion: Mir fehlt eigentlich bei allen Artikeln der Hinweis, warum gerade in diesem Fall nicht geimpft wurde. Das hatte ja seinen Grund. Die Unversehrtheit des Kindes geht immer vor. Und wenn - wie wahrscheinlich in diesem Fall - eine Impfung mit einer akuten Gefährdung einhergehen könnte (ich spreche hier nicht von einer Wahrscheinlichkeit von 1: 1 Million!), dann war die Entscheidung richtig. Denn ich nehme einfach mal an, dass die Geschwister schon geimpft sind.
Das ist keine Form der "Impfmüdigkeit", sondern ein genaues Abwägen gewesen. Mit leider sehr tragischem Ende. Ich kann gar nicht ausdrücken, wie leid mir die Familie tut: Nicht nur den Tod des Kindes verkraften, nein, genau in dieser sehr schwierigen Phase des Lebens auch noch im Kreuzfeuer der Kritik zu stehen.
Vielen Dank, aber auch! Ich könnte kotzen...!

Aber Danke für die Info!
Liebe G., falls Du hier irgendwann mitlesen solltest, wünsche ich Euch, dass Ihr ganz viele Freunde habt, echte Freunde, die zu Euch halten, Euch unterstützen und Euch abschirmen.

Liebe Grüße
Suse, zum Glück mit zwei (einigermaßen) gesunden Kindern bestückt...

Unknown hat gesagt…

Eine Zwischenfrage an Tanja habe ich. Was meinst Du mit: "... oder schau ob du wiedermal bei der SF hast was stehen lassen.
"
?

Anonym hat gesagt…

SF = Schnullerfamilie ;-) *g*.



LG
Nadja

Gabriela hat gesagt…

Lieber Martin

ich stosse heute per Zufall auf diesen deinen Blogbeitrag und möchte dir einfach sagen, dass wir damals NICHTS! gar nichts ausser der Titelseite der beiden Baslerzeitungen gelesen haben. Wir haben uns sofort absolutes Medienverbot auferlegt und eine Freundin damit beauftragt, die Geschichte mitzuverfolgen und uns Entwarnung zukommen zu lassen, wenn die Wellen abgeflacht sind.
Wir werden auch in Zukunft nicht nachlesen, was mit unserer Geschichte gemacht worden ist.

Ich danke dir, wenn auch mit grosser Verspätung, dass du dich stark gemacht hast für das Mitgefühl. Zum Glück waren die Menschen in unserer unmittelbaren Umgebung und eigentlich alle Menschen, die uns persönlich kennen, nicht von den Medien beeinflussbar und haben zu uns gehalten.

Ich wünsche dir frohe Weihnachtstage!
Gabriela

 
Creative Commons License
Dieser Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.