Dienstag, 23. Juni 2009

Florence Cassez bleibt in Mexiko im Gefängnis - eine Überraschung

"Innerhalb von 3 Wochen" - schrieb ich am 9. März 2009.

Gestern war der 22. Juni 2009.
Und Mexikos Präsident Calderón verkündete, dass die französische Staatsbürgerin Florence Cassez, die der Mitwirkung an Entführungen (in Mexiko) durch die Bande Los Zodiaco beschuldigt und gerichtlich für schuldig erklärt wurde, nicht nach Frankreich überführt werden sondern ihre Haftstrafe (60 Jahre) in einem mexikanischen Gefängnis verbüßen würde.

Der Fall wurde im März anlässlich des Staatsbesuchs des französischen Präsidenten Sarkozy in Mexiko zum Politikum. Und ich bin überzeugt davon, dass die Mehrzahl der nationalen (Mexiko) und internationalen Beobachter davon ausgingen, dass Cassez irgendwie den Weg in die Heimat - in Handschellen oder auch nicht - finden würde.

Und gerade weil es sich um einen in Mexiko eigentlich "schon vergessenen" Fall handelt, überrascht die gestern verkündete Entscheidung der mexikanischen Regierung doch etwas.
Sofort wird ihr diese Entscheidung als Wahlkampfstrategie vorgeworfen, aber diese Beschuldigung passt nur zur Hälfte ins Bild. Und zwar der Hälfte, die den von Calderón beschrittenen Weg gegen die organisierte Kriminalität untermalt.
Ob dies der "richtige Weg" ist, werden die Historiker eines Tages be- oder widerlegen.
Das persönliche Schicksal der Frau Cassez einmal beiseite gelassen, kann ich mir allerdings ganz ehrlich ein "Hut ab!" kaum verkneifen.

Florence Cassez bleibt in Mexiko im Gefängnis - eine Überraschung
Florence Cassez hinter Gittern - Foto: Le Figaro

Bevor jemand aufschreit: Das "Hut ab!" gilt dem politischen Mumm des mexikanischen Präsidenten in diesem "Spiel"; nicht der Realität, die Frau Cassez bevorsteht!
Florence Cassez dramatisiert in ihren Botschaften an die Welt wahrscheinlich kaum, wenn sie behauptet, dass Calderón sie zum Tode verurteilt hätte. Wenn sie behauptet, dass sie in einem mexikanischen Gefängnis sterben würde.

Ein wenig erinnert das Ganze an die mexikanischen "Grünen" (PVEM), deren momentane Strategie in der Forderung nach Neueinführung der Todesstrafe in Mexiko besteht. Und die gerade (innerhalb derselben politischen Wahlkampfspiele) dafür stark gerügt wurden, da diese Forderung im krassen Gegensatz zu der in den Statuten der Partei verankerten Grundauffassung steht.

Die eigentliche Überraschung kommt aber erst noch.
Einerseits fehlt es in Frankreich natürlich nicht an Initiativen, die Frau Cassez unterstützen (Bsp.: liberezflorencecassez.com [Google Rank 4]); auf der anderen Seite veröffentlichten die mexikanischen Medien heute die Information, dass das Gros der französischen Bevölkerung die Entscheidung der mexikanischen Regierung verstehen würde.

Nicht mehr, nicht weniger.
Trotzdem ein wenig schwierig zu glauben.
Und auch ein wenig schwierig zu finden, die Umfrage im Figaro
Aber sie existiert tatsächlich und auch wirklich mit dem genannten Resultat:


Umfrageresultat in "Le Figaro"

Eine Menge Fragen stellen sich da.
Und es tut sich ein weites Feld zur Diskussion auf.
Eine abschließende Bemerkung an alle hiesigen Leser, die an der Mexiko-Community teilhaben:
Ich persönlich finde es schade, dass - obwohl die trolligen Gründe verständlich sind - momentan über solche Dinge nicht ernsthaft diskutiert wird.



1 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es ist eben das Problem, wenn man als Ausländer straffällig wird, muss man sich den Gesetzen des Landes stellen. Umgekehrt wollen viele Ausländer nicht aus den "Luxusknästen" in D in ihre Heimat abgeschoben werden...

Ja und das Forum befasst sich lieber mit Harmlosigkeiten (wenn man sich nicht gerade wieder über einen vorgeblichen Troll ärgert), weil das nicht so anstrengend ist wie ohne Sticheleien oder gar Streitereien gepflegt über wirklich heikle Themen zu diskutieren.

LG
Sphynx

 
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