Freitag, 6. März 2009

Florence Cassez - Der Schatten über Nicolas Sarkozys Besuch in Mexiko

Am kommenden Sonntag wird der französische Präsident Nicolas Sarkozy einen Staatsbesuch in Mexiko beginnen. Eine Schlagzeile, die normalerweise keine allzu große Aufregung hervorrufen würde.
Nicht so in diesem Fall.

Florence Marie Cassez Crepin, französische Staatsbürgerin, sitzt seit Dezember 2005 im Gefängnis. Einem mexikanischen Gefängnis (Santa Martha und Tepepan). Beschuldigt und für schuldig befunden der Beteiligung an 3 Entführungen der Bande Los Zodiaco. Ursprünglich wurde Cassez 2008 aufgrund der angeblichen Beteiligung an 4 Entführungen zu 96 Jahren Haft verurteilt, vor kurzem wurde sie von einem dieser Delikte freigesprochen und ihre Strafe auf 60 Jahre reduziert.

Cassez beteuert ihre Unschuld. Ihre Version besteht darin, dass sie seinerzeit nur mit einem der eigentlichen Entführer, Israel Vallarta, "ausging", und die entführten Leute in dessen Haus für Gäste hielt.

Dagegen steht ein in den mexikanischen Medien veröffentlichtes, ergreifendes Dokument eines der Entführungsopfer der Zodiaco (Cristina Ríos Valladares), welches aus Angst vor den nicht überführten Mitgliedern der Bande im Exil leben muss und welches anhand des Wiedererkennens der Stimme keinen Zweifel an der Teilhabe Cassez´ lässt, sofern man ihm Glauben schenkt.

Der mediale Krieg zwischen Frankreich und Mexiko ist wegen dieses Falles bisher nicht ausgebrochen. Aber dank des Internets stellt sich die Auffassung der Bevölkerung beider Länder ziemlich eindeutig dar.
Laut internationalem Recht scheint die Möglichkeit zu bestehen, dass Mexiko Cassez an die Franzosen "ausliefert". Hierauf basierend schickt Frankreichs Wahlpotential seinen Präsidenten unter der Prämisse "Bring sie nach Hause!" nach Mexiko.
Im Gegenzug herrscht in Mexiko die einhellige Meinung gegenüber Präsident Calderón: "Untersteh dich!"
Allerdings hat Calderón bereits die Richtung gewiesen. Unter anderem dadurch, dass er dem (politisch-diplomatischen Regeln folgenden) Wunsch von Sarkozys Ehefrau Carla Bruni, Cassez im Gefängnis zu besuchen, zustimmte und nachkam.

Innenpolitisch betrachtet verlieren beide, wenn das Zusammentreffen (diesen Fall angehend) nicht den Erwartungen ihres jeweiligen Volkes entsprechen.
Auf der einen Seite ist da Mexiko. Ein Land, dessen Bevölkerung - wohl zu Recht - den Das-Ausland-macht-doch-sowieso-mit-uns-was-es-will-Stempel auf der Seele trägt. Ein Land, in dem außerdem aufgrund der gravierenden Situation möglicherweise die vor Kurzem abgeschaffte Todesstrafe hinsichtlich Drogen und Entführungen bald wieder eingeführt wird.
Ein Land, das sich als Dritte-Welt-Land fühlt.

Dem der Besuch des Oberhauptes eines "Erste-Welt-Landes" zuteil wird.
Eines Landes, das möglicherweise zum grossen Teil auch "erst-weltlich" denkt.
Und dementsprechend seine Hollywood-geprägten Ansprüche stellt.

Er ist von Brisanz umgeben, der Besuch des Franzosen.

In wenigen Tagen werden wir die Fakten bezüglich dieses Falles kennen.
Etwas später die Reaktionen auf beiden Seiten des Atlantik.
Und noch etwas später - vielleicht (anscheinend) viel später - die Auswirkungen.

 
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