Freitag, 3. April 2009

Bloggen auf Kaution

07:18: Cabronsito ist mit Niklas - ein fröhliches Liedchen ob des schönen Wetters und des beginnenden Wochenendes trällernd - auf dem Weg zur Schule.

09:33: Cabronsito sitzt in Polizeigewahrsam, das fröhliche Liedchen wurde nie zu Ende geträllert, das Auto kam nie bei der Schule an.

Was war passiert?

Es hat "Boom" gemacht. Nicht wie in Klaus Lages fröhlichem Liedchen, sondern metallisch.
Nach 7-einhalb Jahren hat der Cabronsito den ersten Unfall gehabt, bei dem er zumindest eine Teilschuld nicht ausschließen kann. Und den ersten Unfall, bei dem Leute ins Krankenhaus befördert wurden.

Glücklicherweise nur, um den Schreck zu behandeln. Sonst könnte der Cabronsito nicht so darüber reden, wie er es gerade tut. Niemandem ist etwas passiert. In diesem Beitrag klingt sicherlich auch Cabronsitos Erleichterung darüber durch, dass dem so ist.

Nun ist es aber in Mexiko Gesetz, dass bei einem Unfall mit Personenschaden (auch angenommenem Personenschaden, und dieser Status tritt in Kraft, wenn einer der Beteiligten ins Krankenhaus kommt) beide (bzw. Anzahl der involvierten Fahrzeuge) Fahrzeuge und auch die beteiligten Fahrer erst einmal unter die wohlwollenden Fittiche der Staatsgewalt genommen werden, wenn sich nicht beide Parteien außerpolizeilich einigen. Letzteres war aber schlecht möglich, da die ambulancia zwar nicht Augen-, wahrscheinlich aber Ohrenzeuge des Unfalls und somit schneller als Ratz und Fatz vor Ort war. Und die beiden Insassen des anderen Autos bereits abtransportiert hatte, bevor der erste Polizist ("Sag mal, ist es eigentlich schwieriger Deutsch als Spanisch zu lernen?")* auftauchte.

So ging die Sache also den Gang, den sie zu gehen hatte. Formulare wurden ausgefüllt und unterschrieben, der Abschleppwagen kam und lud seine Fracht, und der Cabronsito sah sich der einmaligen Gelegenheit gegenüber, in einem Polizeiauto zu fahren (man hatte ihm die Gelegenheit gegeben, Niklas zu Fuß in die 5 Minuten entfernte Schule zu bringen). Ohne Handschellen....

Polizeigewahrsam ist nicht gleich Polizeigewahrsam.
Keine Zelle, kein Gitter, keine miese Behandlung.
Wasser zu trinken, Klogang mit Begleitung möglich.
Der Versicherungsmensch ("Sag mal, ist es eigentlich schwieriger Deutsch als Spanisch zu lernen?")* hatte den Cabronsito ziemlich gut auf die ihm bevorstehenden Stunden vorbereitet. Nur die genannte Anzahl der ihm bevorstehenden Stunden war nicht ganz so korrekt.

Aber das hatte seinen Grund.
Lange musste der Cabronsito nicht warten, bis der Anwalt ("Sag mal, ist es eigentlich schwieriger Deutsch als Spanisch zu lernen?")* erschien und ihm das weitere Verfahren erläuterte. Die Leute des Justizministeriums waren schon unterwegs zum Krankenhaus, um den Zustand der beiden Eingelieferten in Erfahrung zu bringen (wovon alles Weitere abhing). Da aber ziemlich zur selben Zeit mehrere Unfälle mit teilweise schlimmen Verletzungen stattfanden (kann man das so sagen?), mussten die Justizleute mehrere Hospitale besuchen und nach ihrer Rückkehr auch noch alles in die korrekte, unterschriebene schreibmaschinengeschriebene Form bringen. Dann ging alles sehr schnell.

Ein Männlein tauchte mit ein paar Papieren in der Hand auf, brabbelte ein paar Namen und meinte, die Genannten sollten ihm folgen. "Cabronsito" war dabei, also folgte er. Und stand plötzlich im Licht. Im nachmittäglichen Tageslicht. Frei.

Er wäre wohl auch so frei gekommen, denn der Anwalt hätte die möglicherweise anfallende Kaution bezahlt. Und nun sitzt der Cabronsito zu Hause und tut was?
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* Weder ein April- noch sonst ein Scherz. Die typische "Anmache", sobald jemand die Werbung auf meinem Auto sieht oder erfährt, womit ich meinen Lebensunterhalt verdiene. Alle drei genannten Personen stellten mir diese Frage!
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So leicht dahergeplaudert diese Geschichte auch klingen mag, es war eine gruselige Erfahrung. Es gab in meiner direkten Umgebung (die Rede ist vom Polizeirevier) Gewalt, Blut, Verletzungen, psychologische Zusammenbrüche, jede Menge Waffen und vieles mehr, was man nicht unbedingt in seinem Alltag braucht.
In Romanen und Filmen oft erwähnt, weiß ich nicht, ob es mir als Klischeereiterei ausgelegt wird, aber ich habe es erlebt: Allein der Geruch!!! Unbeschreiblich. Leute, die sich vor Angst oder aus anderen Gründen in die Hose gemacht haben, ohne die Gelegenheit zu bekommen, sich zu reinigen oder Besuch zu empfangen. Leute mit Verletzungen (Täter hin oder her), die nicht ausreichend behandelt wurden.
Eine Frau in Küchenschürze war unter den "Insassen", die den Eindruck einer ganz normalen, ihrer täglichen Vormittagsarbeit nachgehenden Schwiegermutter machte!

Ein weiterer Punkt ist die Versicherung.
So sehr ich mich in letzter Zeit auch beschwert habe (nicht hier im Blog) über die Preise, die meine Autoversicherung verlangt - heute war der Tag, an dem ich darüber nachzudenken begann, im kommenden Oktober - wenn die nächste Jahresrate fällig ist - vielleicht doch nicht zu wechseln. Ich werde nicht einen Centavo bezahlen müssen! Nicht für den Abschleppwagen, nicht für die "Halde", nicht für den Materialschaden, nicht für den Hospitalbesuch der "Gegenpartei", nicht für den Anwalt...
Ich sehe keinen Grund, den Namen nicht zu nennen: Qualitas.
Wenn passiert, was niemand wünscht, das es passiert, dann ist man bei Qualitas in Händen, wie es in Mexiko wohl kaum bessere gibt. Auch wenn es seinen Preis hat.

Und noch ein Punkt, den zu betonen mir am Herzen liegt:
Ich wurde in allen Stationen der heutigen Ereignisse vollkommen korrekt behandelt. Egal, was man von geltenden Gesetzen hält, Gesetz ist nun einmal Gesetz. Und ich habe mich entschieden, mich den Gesetzen Mexikos zu unterwerfen. Heute kam ich mit der Realität dieses Faktes in direkte Berührung. Und kann mich nicht beschweren.

Aber eine Empfehlung kann ich aussprechen.
Die eigentlich logisch und international gültig ist:
Versucht, den Aufenthalt in einem mexikanischen Gefängnis zu vermeiden!

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Irgendwie hast Du was wichtiges vergessen: Was ist mit dem Wagen?
Doch nicht etwas Totalschaden?
Aus und vorbei?
Schrottplatz?
Nein, bitte, sag das es nicht wahr ist!

Stefan hat gesagt…

Dein Pointer Schrott?

Ich fass es nicht!!!!

 
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