Dienstag, 4. November 2008

Spieglein, Spieglein ...

"Wir passen auf Dein Auto auf!" - wird man oft angesprochen, wenn man abends in Mexiko in ein Lokal geht. Dabei ist es unwichtig, ob man einen Parkplatz direkt vor dem Ziellokal erwischt oder etwas weiter weg in einer dunklen Seitenstrasse.

So ist es auch Tradition rund um das "8 Segundos" in Aguascalientes (aufmerksame Leser erinnern sich, der Laden mit der Pipi´s Night). Selbstverständlich war es ein Notfall, der mich am vergangenen Samstag dorthin verschlug. Ein Freund, der ein neues Getränk auf dem mexikanischen Markt in besagtem Laden unter die Leute bringen wollte, fühlte sich etwas unbehaglich. Denn um das Zeugs unter die Leute zu bringen, hatte er 4 edecanes dabei, zwar nicht im durchsichtigen roten Top, aber immerhin. (Wer nicht weiss, was edecanes sind, mache sich an den entsprechenden Stellen schlau.)

Nun - ich helfe meinen Freunden gern, wenn ich kann. Selbst wenn dies bedeutet, am Halloweenabend Disco gratis + Getränke gratis + 4 edecanes gratis an unserem V.I.P.-Tisch in Kauf nehmen zu müssen.

"Wir passen auf Dein Auto auf!" - hieß dann auch wie erwartet die Begrüßung in einer gut beleuchteten Nebenstraße.
"Ja, macht mal bitte!" lautete meine Antwort.
Viel gehalten hatte ich von diesem Geschäft bis dahin nicht. Wenn man will, drückt man den Jungs bei Verlassen des Lokals ein paar Pesos in die Hand (falls sie noch da sind) für - ja, wofür eigentlich?

Diesmal wurde mir gezeigt, wofür.
Das Erstaunlichste an der Sache war für mich, wie man mich so schnell ausfindig gemacht hatte. In der Halloweenmasse. Anscheinend genau wissend, wem das entsprechende Auto gehörte. Aber doch - man kam direkt auf mich an unserem V.I.P.-Tisch zu und sagte, etwas wäre mit meinem Auto. Ich solle doch bitte mal dort vorbeischauen, wenn es ginge. Was ich tat. Unter helfender Begleitung eines Securityriesen.

Der Spiegel war ab.
Der rechte Außenspiegel.
Von einem Besoffenen abgefahren, den man schon gegriffen hatte und die Polizei würde ein paar Seitenstrassen weiter auf mich warten.
Der rechte Seitenspiegel?!
Ja, denn mein Auto stand am linken Straßenrand. Vollkommen legal.

Erklärungen hinsichtlich des genauen Standortes der wartenden Polizei waren nicht notwendig, denn derjenige, der sich spaeter als der Chef der organisierten Aufpasser herausstellte, öffnete mir eine Autotür und sagte, wir würden dahin fahren.
""Ok, gern!"

Ankommend erblickten wir einen Pickup mit einem Motorrad hinten auf der Ladefläche. Und einen Polizisten samt seinem neuen modernen Streifenwagen und viele, viele interessante Dinge mehr ... nur keinen besoffenen Fahrer. Der sass mittlerweile schon im Knast. Weil er besoffen Auto gefahren ist, und nicht etwa, weil er keine Versicherung hatte.
Prima!

Ich lobte also erst einmal die Jungs des Aufpasserkommandos und die Polizei im allgemeinen und den anwesenden Polizisten im Besonderen über den weissen Schnee hinaus, den sich manche Leute in die Nase ziehen. Denn ICH habe natürlich eine Versicherung.

Genutzt hat´s mir nichts.
Denn nachdem wir gemütlich zu meinem Auto zurückgekehrt waren, ich meine Versicherung angerufen hatte, deren Heini angekommen war, mehrere Runden Tequila pur gegen die Kälte verteilt und verdammt viele Worte gewechselt worden waren, stellte sich heraus, dass es viel besser für mich gewesen wäre, wenn der Uebeltaeter nicht geschnappt worden wäre. Denn dann hätte die Versicherung anstandslos bezahlt.

Im vorliegenden Falle allerdings hätte mein Auto mit auf´s Abstellgleis gemusst. Zusammen mit dem des besoffenen Knastsitzenden. Gesetz sei das. Keine Versicherung könne etwas dagegen machen. Dauer ungewiss, wahrscheinlich 2 Tage. Ohne Kosten für mich selbstverständlich.

Plötzlich besserte selbst der Tequila meine Laune nicht mehr. Und mein ueberschaeumender Dank an die Herren Aufpasser sackte auch etwas in sich zusammen.
Mein Auto gab ich nicht weg, obwohl der Abschleppwagen mittlerweile angekommen war. Man hat mich gelehrt, diese Dinge zu vermeiden, selbst wenn es mich etwas kostet. Und man hat mich auch im Nachhinein neuerlich in dieser Ansicht bestätigt.

Nun muss man aber wissen, dass mein Volkswagen Pointer Stationwagon in die Kategorie "Luxus" fällt (in genau diesem Moment nehme man sich ausführlich Zeit hierfür!!!) - so luxuriös, dass nicht einmal ein Radio dabei war - aber immerhin Klimaanlage, elektrische Fensterheber und?
Genau!
Elektrisch verstellbare Seitenspiegel.
Nicht die günstigsten ihrer Art.

Nun ja, glücklicherweise gibt es in Mexiko nichts, was die Schiffe enternde Gemeinde der Karibik nicht anzubieten hat. Jack Sparrow sei Dank gesagt. Und dahin geht jetzt meine Hoffnung.

 
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