Freitag, 7. August 2009

Von Null auf Hundert - und von 100 auf 0 - und die Notaufnahme nie verlassen - und warum das gut ist

Achterbahn, ick hör Dir trapsen!

Habe ich gestern gesagt, dass "keine Nachrichten gute Nachrichten" wären?
Nun, doch Nachrichten sind auch nicht unbedingt schlechte Nachrichten.
Bevor jemand versucht, diese hieroglyphischen Worte zu enträtseln, erzähle ich am besten einfach von dem Zeitpunkt an weiter, an dem ich gestern (mit der Chronologie der Ereignisse) aufgehört habe:

Kurz nachdem ich auf den "Post veröffentlichen"-Knopf gedrückt hatte, klingelte mein Handy - ich war bettfertig, was Physis und Kleidung anbelangt - und vom anderen Ende der nicht vorhandenen Leitung teilte die Cabronsita mir mit, dass sich doch jemand die Nachtschicht an Maximilians Bettchen zugemutet hatte, trotz real nicht existierender Möglichkeit.
Dieses "kleine" Detail änderte die Situation gewaltig.
Ich durchschlief erstaunlicherweise eine ganze Nacht, die Cabronsita ebenso, stand sehr früh erstaunlich gut gelaunt und energiegeladen auf, um die Nachtschicht um Punkt 06:30 Uhr abzulösen. Maximilian selbst hatte eine genauso prächtige Nacht verbracht und war bereits dabei, zu versuchen, das Gitter, welches sein Bettchen umgab, zu überwinden. Und ein paar Stunden später verließen wir das Krankenhaus (die Cabronsita konnte sogar arbeiten).

Die Notaufnahme, um genauer zu sein, denn Max hat diese trotz mehrmaliger gegenteiliger Ankündigung ("gleich geht´s auf die Kinderstation ... ähh, doch noch nicht ... jetzt muss der Kleine aber auf die Kinderstation ... ähh, das Verlegen lohnt sich jetzt kaum noch ...") nie verlassen. Der im Titel erwähnte Vorteil an diesem Umstand ist, dass man in der Notaufnahme viel mehr darauf bedacht ist, Patienten schnell "loszuwerden" - auf der Kinderstation vergehen dank der Bürokratie mehrere Stunden zwischen dem entscheidenden Wort des Arztes und dem wirklichen Verlassen der Station.
Wirklich ärgerlich war allerdings eine Sache, die aber wohl so sein muss. Maximilian schaffte es heute früh sehr schnell, sich so sehr zu bewegen, dass die Medikamentenzufuhr nicht mehr taugte. Meine Frage, ob ein Neuverlegen wirklich notwendig wäre, denn alles deute darauf hin, dass wir sehr bald davongejagt werden würden, machte nicht viel Eindruck. Die Schwestern und Assistenzärzte, die zu so früher Stunde anwesend waren, hatten ihre Anweisungen auf einem Blatt Papier gedruckt, also wurde neu verlegt.
1 knappe Stunde brauchten sie, um den Kleinen endlich korrekt anzupieksen. Eine halbe Stunde war ich dabei, obwohl man mir heute geraten hatte, besser hinauszugehen, da der Kleine "wahrscheinlich weinen werden würde". Nach einer halben Stunde hielt ich es nicht mehr aus. Ich habe vor allem schlichtweg Angst um sein immer noch kaputtes Herz, wenn er so außer sich gerät wie bei dieser Folterei. Unglaublich stark sei Max, bestätigten alle, die in den letzten 36 Stunden mit dieser Angelegenheit zu tun hatten.
Wie auch immer, die bittere Ironie und mein leichter Ärger trotz aller Verantwortlichkeiten der tapferen KH-Angestellten kam etwa 10 Minuten, nachdem es endlich geschafft war. In Person des Arztes, der 30 Sekunden brauchte, um sich über Anzahl, Gewicht und "Qualität" des während der Nacht gemachten Pipis und Popos inkl. der Begleitdaten (kein Fieber mehr etc.) zu informieren; 10 Sekunden, um zu bemerken, dass es jetzt nach Hause gehe und diese blöde Nadel endlich aus Maxs Hand entfernt solle; und weitere 30 Sekunden, um mir das Medikament inkl. "Bedienungsanleitung" aufzuschreiben, das für Max besorgt werden solle. Selbstverständlich ein Medikament, dass das IMSS nicht (gratis für uns) führt, sondern eines, das teurer als ein durchschnittliches Paar Schuhe ist. Und das möglicherweise bereits übermorgen - obwohl es für 10 Tage gedacht ist - bei Einlieferung in "La Raza" abgesetzt werden wird.
(Achtung! Dies soll keine Kritik am Arzt sein. Der hat keinen persönlichen Vorteil davon, uns so etwas zu verschreiben, sondern - und warum sollte ich an seinen Worten zweifeln? - hält dieses Medikament für das Beste, das es auf dem Markt gibt, um schnellstmöglich bestmögliche Gesesung zu garantieren sprich die komplette Ausrottung der krankheitsverursachenden Bakterien in Maximilians Körper inklusive einiger "Nebenfunktionen".)

Maximilian war in dieser ganzen Zeit kaum zu bremsen. Mit frisch, sauber und extra-haltbar umsorgtem "Notausgang" (Colostomie) sah ich also keinen Anlass, mit ihm sofort in die Höhle zu fahren. Er hatte im Krankenhaus noch ordentlich gefuttert, also konnte ich ihm ein paar Stunden en la calle zumuten. Und jeder weiß, dass man in ein paar Stunden unwahrscheinlich viele Dinge erledigen kann, was wir auch zusammen taten.

Und plötzlich, denn Max ist jetzt gerade endlich eingeschlafen, fühle ich mich wie von Hundert auf Null versetzt. So dass ich sogar Zeit und Antrieb finde, diese Zeilen zu schreiben. Das genaue Gegenteil von gestern, wo es von Null auf Hundert ging.

Wir werden morgen mit dem Nachtbus in die große Stadt fahren, das ist zumindest der aktuelle Plan.
Und dann sehen wir weiter.

1 Kommentare:

Anette/Frau Waldspecht hat gesagt…

Ich bin in Gedanken bei Maximilian und bei euch ...

 
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