Mittwoch, 19. Oktober 2011

Was?! Na klar weiß ich, wie das geht! - Eine fotografische Gedächtnisstütze

Ich könnte bestimmt zwei Stunden lang darüber reden, warum Ihr so lange nichts von mir gehört habt. Weitere zwanzig Stunden könnte ich darüber reden, was in der Zwischenzeit alles passiert ist. Tue ich aber nicht.

 Genauso wenig wie ich mich dazu verleiten lasse, zu versprechen, dass jetzt in diesem Blog alles wieder so wird wie es einmal war. Wäre ja auch doof.

 Zeit vergeht. Leute entwickeln sich weiter. Technik schreitet voran. 8 Monate sind eine so lange und doch so kurze Zeit im Leben eines Menschen.

Gut und kurz: Es geht mir ziemlich gut. Vor allem, was meine Gesundheit verglichen mit den ersten vier Jahren meines Lebens anbelangt. Lassen wir - zumindest für den Moment - doch Details einfach beiseite und Bilder für sich bzw. mich sprechen:

SCHARF

Da mag jemand um ein Vielfaches besser aussehen als ich. Ich habe gelernt, was man tun muss, um solche Leute (in diesem Fall meine Cousine, Papis Patenkind) in den fotografischen Fokusschatten zu stellen:



TOMATEN AUF DEN AUGEN? - Nein, Tomate (mex) auf dem Löffel

Richtig gelesen. Das, was Ihr da auf meinem Löffel seht, nennt man in Mexiko "Tomate". Was Ihr und der Rest der Welt als "Tomate" kennt, wird hier als "Jitomate" bezeichnet. Wobei das "J" weich wie in "weich" ausgesprochen wird.

So ein Ding von meinen Gesichtsmuskeln aus gesteuert zu balancieren, ist doch nun wirklich kein Problem:




WAS WAR ZUERST? - MILKA ODER SCHOKOLADE (náhuatl: xocolatl )?

Gleich noch einmal etwas, um die Herkunft von Wörtern und Sprachen etwas besser zu verstehen.
Sowieso gilt: Eine Torte auf dem Tisch ist überhaupt nichts wert, solange mein Gesicht nicht in sie hinein gedrückt wurde. Nicht einmal eine Schokoladentorte:




JEMANDEM SAND IN DIE AUGEN STREUEN

Das kann ich bestimmt genauso gut wie gewisse Fernsehfiguren. Am besten aber kann ich das im Selbstversuch. Das hätte auch ins Auge gehen können:




ROLLING, ROLLING, ROLLING

Es will mir wohl niemand erzählen, wie man einen Roller zu benutzen hat, oder!?



STECKER UND STECKDOSE

So eine Zeltstange ist eine prima Sache. Und mir ist auch 100%-ig klar, wohin die gehört. Das hier ist nur eine Notlösung. Aber im Zweifelsfall: Steckt die Zeltstange einfach in den nächstgelegenen Auspuff. Daraus wird entweder ein ziemlich aufgeblasenes Auto oder ein ziemlich schwebendes Zelt:

Freitag, 18. Februar 2011

Doppel-OP mit Stimmverlust - und ich tanze schon wieder

Doppel-OP mit Stimmverlust - und ich tanze schon wieder, Aguascalientes, Behinderung, Down-Syndrom, krank, Maximilian, Medizin, Mexiko,

Wie so oft kam alles ganz anders.

Vorgesehen war am vergangenen Sonntag ein Mini-Eingriff, um meine Gallenblase zu entfernen - mit ihr die Wahrscheinlichkeit, dass sich dort dauernd neue Steine bilden würden. Und jetzt ist sie nicht mehr in mir drin, diese kleine Blase.

Das "alles ganz anders" bezieht sich auf den Umstand, dass es nicht nur diese kleine Blase ist, die man mir entnommen hat. Dr. Vargas nutzte die Gelegenheit, auch gleich meinen Blinddarm zu zu entfernen. Denn beim Ansatz der Laparoskopie hatte er festgestellt, dass mein Blinddarm nicht nur schon ganz ordentlich entzündet war (wahrscheinliche "Explosion" innerhalb der nächsten 4 bis 6 Wochen), sondern dass er er auch an einem Platz da mitten zwischen meinen Organen saß, wo er gar nicht hingehörte (angeblich genetisch bedingt).

Also entschied Dr. Vargas schnurstracks: "Raus mit dem Ding!"
Wofür wir ihm recht dankbar sind.

Somit wurde allerdings aus der laparoskopischen Angelegenheit eine ganz normale Chirurgie. Was nichts anderes als einen weiteren Schnitt an meinem Torso bedeutet. Diesmal vertikal. Bei Gelegenheit werde ich Papi mal beauftragen, ein Foto davon zu machen. Die Wunde verheilt prächtig und reiht sich prima in meine Sammlung ein, so viel kann ich Euch schon verraten.

Trotzdem gab es diesmal IM NACHHINEIN ein wenig elterliche Sorge. Zuerst einmal wollte ich nicht so richtig aus der Narkose aufwachen, ich brauchte in diesem Fall etwa 3 Stunden. Bis ich überhaupt aus der OP-Abteilung herauskam. Als ich dann endlich in meinem Bettchen landete (ganz neue Kinderstation im IMSS Hospital N° 1 Aguascalientes, super-mega-angenehm), war ich immer noch ziemlich "betrunken" und hatte eine Menge Beschwerden. Fakt ist aber, dass dies eher der Normalzustand nach einer solchen OP ist. Was mir bis dahin bzgl. Sofort-Erholung passiert war, gehört anscheinend in die Kategorie "außergewöhnlich".

Knappe 24 Stunden nachdem ich den OP verlassen hatte, schickte man mich auch schon wieder nach Hause. In eine Woche unglaublichen Nichts-Tuns. Die ersten 24 Stunden habe ich mich nicht bewegt. Ich lag auf dem Rücken. Und wenn jemand gefragt hätte, was ich denn gerade so tun würde, hätte man geantwortet: "Er liegt auf dem Rücken." Ich habe mich weder nach links noch nach rechts gedreht. Dann wurde irgendwann mein erstes Bad zur Notwendigkeit.

Und dieses wurde zu einem kleinen Drama. Denn ich wollte mich nicht nur nicht selbst bewegen, sondern ich wollte genausowenig, dass mich jemand anderer bewegt. Schon gar nicht in Richtung differierender Temperaturen. Trotzdem musste es getan werden. "Er zitterte wie Espenlaub" bekam eine neue Bedeutung. Aber es gelang. Glücklicherweise hatten Mami und Papi schon Erfahrung mit diesem ersten Bad nach einer OP. Bei dem es unter anderem darum geht, erstmals die Wunde freizulegen und zu reinigen.

Das Phänomen wurde Mami und Papi nur schrittweise bewusst. Das nämlich, was mit meiner Stimme passierte. Es passierte eigentlich gar nichts mit ihr, sie war nur einfach verschwunden. Ich bewegte meine Lippen wie immer - aber die dazugehörigen Geräusche kamen nicht. "Mamá", "ába" und so weiter ... mit "e", "i", "o" und "u" habe ich es noch nicht so eilig. Nachdem Papi das Internet und Mami fast schon einen Spezialisten befragt hatten, kam sie zurück. Und im Gleichschritt mit dieser Rückkehr verschwanden die Schmerzen und das Unwohlsein.

Gestern (Donnerstag) erlaubte man mir zum ersten Mal, wieder vor die Tür zu gehen. Heute habe ich schon wieder wie üblich zu "Tatiana" getanzt. Wow!

Übermorgen ist mein Termin zum Fäden ziehen. Bei dem man uns auch sagen wird, ob ich am Montag wieder in meine neue Übergangs-Kita gehen kann.

Ich darf ALLES essen.
Ich muss (zusätzlich zu dem Herz-Kram, der noch bis April gilt) ausser einem Antibiotikum (und dieses auch nur noch 3-mal) KEINE neuen Medikamente nehmen.

Was will ich eigentlich mehr?

Mittwoch, 9. Februar 2011

Galle, Blase, Zauberlehrling

Es gibt kulante Supermärkte in Mexiko.
Das muss man einfach einmal festhalten.
Nach mehr als einem Jahr seit dem Kauf einer Kinder-Videokamera konnte mein big brother Niklas selbige - nicht mehr richtig funktionierend - im Costco Aguascalientes ohne Probleme gegen ein anderes Produkt umtauschen. Er entschied sich für einen Baukasten für Zauberlehrlinge.

Und seit er diesen besitzt, arbeitet er mit ihm. Investiert mehr Zeit in ihn als in seine Deutsch-Hausaufgaben. Und erzielt Resultate. Klasse!

Ich dachte mir, dass es mir auch gefallen würde, ein wenig zaubern zu können. Und siehe da: ICH KANN. Ich kann Dinge verschwinden lassen. Ganz einfach und so gut wie unauffindbar. Man muss sie nur in meiner Reichweite lassen. Das neuste Beispiel ist die Fernbedienung unseres Fernsehers. Die ist momentan ganz einfach weg. Jedem ist klar, dass ich sie unsichtbar gemacht habe. Und jedem ist klar, dass ich nicht verraten werde, wo sie eventuell abgeblieben sein könnte. Ist doch auch logisch: Ich spreche doch noch gar kein Wort. Mit so etwas wie Sprechen muss man auch nicht belästigt werden, wenn man mal gerade 4 Jahre alt ist, oder?

Während Mami und Papi und Niklas die Fernbedienung suchen, überlege ich gerade, warum diese "richtigen" Zauberer ihre Fähigkeiten nicht in den Dienst von "richtigen Wichtigkeiten" stellen. Das wäre doch eine feine Sache. Ich habe da zum Beispiel so einen doofen Stein in meiner Gallenblase. "Abrakadabra - weg ist er!" wäre mir als Behandlungsmethode sehr willkommen. Da dies anscheinend nicht so einfach funktioniert, habe ich mal wieder einen schnittigen Termin gemacht.

Sonntag, 13. Februar 2011.
08:00 Uhr.

Da es immer wieder Leute gibt, die (aufgrund von Internetweisheiten) mehr wissen als behandelnde Ärzte, will ich die mich betreffenden und auf die nicht leakande Wikipedia beschränkten Internetweisheiten hier gern verlinken:
Gallenstein
Cholezystektomie
Laparoskopische Chirurgie

Es könnte also sein, dass Dr. Vargas mir mit einem minimalen Eingriff schlichtweg die Gallenblase entfernen wird. Was soll ich auch mit so einer Gallenblase anfangen, wo ich doch jederzeit viel wichtigere Dinge verschwinden lassen kann?

Donnerstag, 27. Januar 2011

Da hat aber jemand mächtig abgezahnt


Mami und Papi stehen (noch ein wenig) unter Schock.

Ich selbst stehe (noch ein wenig) unter dem schützenden Schirm einer Vollnarkose.

Und habe zwangsläufig ein kleines "S-Z-Problem".
(Nein, nicht "ß-Problem" - aber Ihr werdet das schon verstehen.)

Passiert ist Folgendes:

Die langfristig geplante und mittlerweile äußerst notwendige Chirurgie meiner Beißwerkzeuge wurde nicht überraschend aber doch sehr plötzlich und kurzfristig vorverlegt und fand heute statt. Vier Stunden dauernd und unter der oben erwähnten Schirmherrschaft lässt sich kein anderer Begriff als "Chirurgie" anwenden.

Es ist nicht so, dass es mir schlecht ginge. Auf gar keinen Fall. Direkt nach der OP kam ich nach Hause und verlangte nach meiner Lieblingstanzlehrerin (Papi dreht da bestimmt bald ein youtubisiertes Filmchen) , deren DVD mir auch gewährt wurde, obwohl ich eigentlich im Bettchen liegend ausruhen sollte, was sich allerdings nur durch den Einsatz sehr reißfester Stricke hätte realisieren lassen.

Bevor ich die OP antrat, war uns allen klar gewesen, dass es da eine ganze Menge Dinge in meinem Mund zu erledigen gab. Wie viele "Dinge" es aber wirklich werden würden, war weder Mami noch Papi in ihren jeweils schlimmsten Zahn-Albträumen erschienen.

Die medizinische Unabdingbarkeit der heute vorgenommenen Reparaturen - vor allem hinsichtlich der optimalen, gesunden und geometrisch-symmetrischen Entwicklung der in einigen Jahren ans Licht meines Mundinneren dringen wollenden "richtigen" Zähne - ist verständlich und akzeptiert. Das (schockierende ... siehe Satz N°1 dieses Beitrags) Problem ist wohl eher der optisch-ästhetische Aspekt. Wir alle wissen, dass Gottfried Kellers "Leute machende Kleider" in den knapp 140 Jahren seit ihrer Ersterwähnung kaum an Relevanz verloren haben ... aber wenn wir einmal etwas genauer hinter die Kulissen der "Erste-Welt-Werbe-Anschläge" unserer Tage linsen, müssen wir uns dann nicht eingestehen, dass "Kollgahte&Co" die von Gottfried beschriebenen Prioritäten ein wenig relativiert haben?

Als der Mann mit dem betäubenden Beruf Mami fragte, ob ich denn schon einmal operiert worden wäre, fing sie mit einem Affenzahn an aufzuzählen. Nach etwa der Hälfte der beschriebenen OPs aus der Vergangenheit winkte der Herr Doktor ab. Und machte sich an seine Arbeit.
Graf Zahn aus der Sesamalllee wäre mit allen Fingern seiner beiden Hände nicht in der Lage gewesen, nachzuvollziehen, wie viele meiner Milchdingens mir gezogen wurden.
Die komplette obere Reihe. Und mehr als halbe untere. Ersetzt wurde die ganze Geschichte mit Metallkronen. Wenn also in der englischen Monarchie jede/r König/in seine ganz eigene Krone bekommen hätte - ich habe mehr als alle zusammen.


Auch wenn es den Anschein hat, als könne man sich daran gewöhnen, sieht das Ergebnis im ersten Moment doch ziemlich schrecklich aus. Aber was soll ich tun? In Bayern sagt man "mia zahn mia", ich sage "Ich bin ich". Fertig. (Obwohl es zugegebenermaßen ein wenig Überwindung kostete, dieses Foto zu zeigen.)

Ein gefährlicher Mensch bin ich jetzt geworden. Sozusagen ein Bisswunder. Die Frau Doktor sagt, wenn ich jetzt jemanden beiße, dann würde dieser ernsthaft verletzt werden.

Als Zahnehäubchen wurde dann auch noch festgestellt, dass aller Wahrscheinlichkeit nach meine Mandeln raus müssen. Prima! Hab ich doch den Operationssaal schon richtig vermisst.

Einen Vorteil der zahnigen Angelegenheit muss ich aber dennoch erwähnen.
Da die Frau Doktor darauf besteht, mich weiter zu behandeln, komme ich wohl in den Genuss, in meinem Therapiezentrum (Teletón) weitermachen zu können, in dem normalerweise bei Erreichen des vierten Lebensjahres Feierabend ist. Vor allem die Sprachtherapie ist da jetzt ganz wichtig. Und da werden im Teletón eben nicht nur Qualität, sondern auch niedrige Kosten geboten. Was die OP betrifft, haben wir noch nicht einmal Anzahnung geleistet.

Nun gut, es geht also munter weiter.
Meine Geschichte bleibt weiterhin eher eine Krankengeschichte.
Wenn man das so sehen will.
Ich will nicht.
Und auf dem Zahnfleisch gehe ich noch lange nicht.

Samstag, 15. Januar 2011

Erfreulich: Kehrtwende in der "D-Frage"

Sport, storytellers, Philosophisches, Maximilian, Mexiko, Down-Syndrom, Diskriminierung, Behinderung, Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bzw. Herr Löw muss(te) die "K-Frage" klären; bei der Borussia aus Dortmund ist selbst nach dem Sieg in Leverkusen und dem heute folgenden Sieg-Vermasselns des Vereins aus der bayrischen Hauptstadt (im Prinzip alle "Fach-Weltler" beziehen sich bei ihrem unvermeidlichen Senf bzgl. des kommenden deutschen Meisters in der ersten Fußball-Bundesliga auf die Punktedifferenz zwischen dem BVB und dem FCB, selbst wenn die beiden nach dem heutigen Spieltag - egal ob Hannover gleich gewinnt oder auch nicht - 4 Tabellenplätze trennen) das "M-Wort" tabu.

Meine ganz eigenen Probleme sind bekanntermaßen bescheidenerer Natur und meine ganz persönliche "K-Frage" ist ohne Frage die Frage nach einem Kindergarten, der mich akzeptiert. In diesem Zusammenhang war schnell das "D-Wort" zur Stelle. Ob berechtigt oder nicht, ist schwierig zu entscheiden, denn da kommt es auf die Sichtweise jedes Einzelnen an. Und man muss außerdem den Weg über die Definition und das Verständnis des Wortes "Diskriminierung" in der jeweiligen Sprache gehen, um urteilen zu können.

So einfach ist das nämlich gar nicht mit dieser viel zitierten Gleichbehandlung, auf die ich angeblich ein Recht habe. Denn Gesetze machen manchmal eine ziemlich komplizierte Angelegenheit daraus. Wohl der Regierung, die in dieser Hinsicht einen Weg findet, mit dem alle Beteiligten zufrieden sind.
Vielleicht muss ich hier einmal klarstellen, dass ich aus logischen Gründen gar nicht auf eine gesetzestreue "Gleichbehandlung" aus bin. Sondern viel eher auf eine "Gleichbehandlung" auf Basis des gesunden Menschenverstandes.

Ich versuche mal, es zusammenzufassen: Ich wünsche mir die Chance, mich unter meinen gegebenen Voraussetzungen so gut wie möglich entwickeln zu können, ohne Andere in ihrer Entwicklung zu behindern. Nicht mehr, nicht weniger.

Was aber - bevor wir uns der Philosophie noch mehr hingeben - ist da nun eigentlich mit diesem Rausschmiss gewesen?
Die kurze Antwort lautet: Er wurde nie wirklich vollzogen.
Denn an dem Abend und in der Nacht, nachdem ich den Beitrag geschrieben hatte, wurden noch zahlreiche Telefongespräche geführt. Deren erstes Resultat war, dass ich noch mindestens bis zum Wochenende bleiben konnte, damit Mami und Papi überhaupt die Möglichkeit bekämen, etwas anderes zu finden. Deren zweite Konsequenz war, dass sofort am nächsten Tag eine "Ssjuprweisr" ihren kompletten Arbeitstag mit mir verbrachte. Begleiterscheinend reichten Mami und Papi noch ein paar Kopien von Untersuchungsergebnissen und Ähnlichem ein - und die Sache war geritzt.

Gabriela hat recht behalten: "Bis dahin hätte er bestimmt alle um den Finger gewickelt" (siehe Kommentar hier - nur, dass es viel schneller ging)

Es war Angst.
So gut wie sicher.
Angst vor etwas, das mir hätte passieren können.
Angst aufgrund fehlender Erfahrung und fehlenden Wissens.

Ihr solltet mal sehen, wie ich heute (nach nur einer Woche) willkommen geheißen und verabschiedet werde in diesem meinem neuen Paradies!

Ob Ruud "Van the Man" Nistelrooy in die spanische Hauptstadt zurückkehrt?

Montag, 10. Januar 2011

Rausschmiss nach 3 Tagen - Diskriminierung kann schmerzhaft sein



Herzlich willkommen im Jahr 2011!
Ich wünsche Euch von ganzem (und repariertem) Herzen, dass es ein unter möglichst vielen Aspekten erfolgreiches und vor allem mit prächtiger Gesundheit einhergehendes Jahr sein mag.

Obwohl der Titel dieses Beitrags nicht viel Gutes erwarten lässt, möchte ich Euch doch nicht vorenthalten, dass ich ein paar herrliche Wochen erleben durfte. Besonders aufregend wurde es fraglos ab dem Datum, welches ich Euch als "V I E R" vorstellte.

Ins Detail will ich hier aber gar nicht (mehr) gehen, sondern eher Anschluss an die "Last Days in Paradise" suchen. Denn plötzlich haben wir ein Problem. Ein Problem, das dadurch erzeugt wurde, dass ich als behindert gelte. Ich habe nicht vor, hier aus Begriffsdefinitionen Pferde zu machen und selbige zu besteigen. Aber erzählen will ich Euch von dem Problem:

Alles begann ziemlich viel versprechend.
Während der Weihnachtsferien gelang es Mami und Papi getreu (nicht nur Klischee-)mexikanischer zeitlich betrachteter Bedürfnis-Aktion-Handhabe, ein potentiell neues Paradies für mich aufzutun. Für die kommenden etwa 7 Monate, bevor es mich eigentlich in den "Kinder" a.k.a. "Preescolar" verschlagen soll.
Wie es aber manchmal mit Last-Minute-Entscheidungen so ist, konnte es besser kaum kommen. Mami und Papi hatten schon vor geraumer Zeit eine Art Prioritätenliste erstellt, die es im Nachhinein relativ einfach machte, die für uns alle vorteilhafteste KiTa für mich auszuwählen. Ganz oben in dieser Liste stehen nicht etwa Punkte wie "behindertengerecht" oder ähnliche, mit meinem Extrachromosom im Zusammenhang stehende Punkte. Dort stehen Begriffe, die nicht als Pro oder Kontra, sondern als schlichte Bedingungen verstanden werden müssen. Im Sinne des Wortes: Voraussetzungen, deren Nicht-Erfüllung meinen Besuch der Institution nahezu unmöglich machen würde.

Es geht da um Dinge wie "Ab wieviel Uhr werden die Kleinen empfangen?" (aufgrund unserer familiären Situation ist bei diesem Punkt "7 Uhr" als Antwort notwendig - gar nicht so einfach zu finden in Aguascalientes) oder die Kosten (da gibt es ein eindeutiges Limit).

Von den ersten 10 Punkten dieser Prioritätenliste erfüllte das vermeintliche neue Paradies 8. Eine tolle und unerwartete Punktzahl. Die erwähnten "Bedingungen" erfüllte sie komplett. Um nur 2 der "fetten" Vorteile zu nennen:
- Im Auto brauchen wir von der Höhle aus etwa 28,3 Sekunden (Ich laufe zwar jeden Tag besser, aber längere Strecken wie vielleicht 250 Meter sind morgens um 7 Uhr und mit Zeitdruck noch nicht unbedingt empfehlenswert).
- Mathematik: 2 Erzieherinnen kommen auf 8 Kinder. Wieviele Kinder kommen auf eine Erzieherin? Wieviele Erzieherinnen bekomme ich ab?

Kurz und gut: Das war eine feine Sache.

Ich habe keine Ahnung, wie Mami so direkt reagiert hätte. Aber Mami hat heute nicht gearbeitet (um an einer Elternversammlung in Niklas´ Schule teilzunehmen [mit 9,8 wurden seine jetzt schon viel ernsthafter bewerteten schulischen Leistungen des letzten bimestres 2010 benotet] und mehrere Einrichtungen auf der Suche nach einer neuen Sprachtherapie für mich aufzusuchen - nachdem ich altersbedingt keinen Platz mehr im Teletón habe) und so ergab es sich sich, dass Papi mich aus dem vermeintlichen neuen Paradies abholte. Ich schlief gerade, wie ich das Mittags gern tue, und Papi meint, dass er sich den literarisch so häufig zitierten Eiszapfen, zu dem sein Herz in jenem Moment wurde, nicht anmerken ließ.

Papi war es nämlich, der sich - um endlich Sinn und Verstand in den vorhergehenden Absatz zu bringen - die Worte der sichtlich verlegenen Chefin der KiTa anhören musste, laut denen ich dort plötzlich dank Anweisung von höheren Positionen aus nicht mehr sein dürfte. Dies trotz aller vorhergehender Versicherungen, dass ein Kind mit Down-Syndrom doch keinerlei Problem wäre.

In beziehungsweise ab diesem Moment kann ich nun viele Dinge in die Waagschale werfen. Was besagt das Gesetz? Bin ich eine Gefahr für Andere? Bremse ich die Anderen in ihrer Entwicklung? Hat man Angst vor mir? Wer? Warum? .....

Was am Ende übrig blieb, war ein einfacher und schlimmer Gedanke: "Ich gehöre nicht zu ihnen."
Was kann es Schlimmeres geben?

Schuldig bin ich Euch aber noch die wahrhaftig angebrachte Begründung (der Oberen):
"Mögliche Konvulsionen" (Krämpfe, Zuckungen)
Etwas, das mir noch nie passiert ist und wahrscheinlich auch nie passieren wird.
Etwas, das nicht in Einklang zu bringen ist mit meinem Mosaik-Down-Syndrom.
Aus welchem Finger hat man sich dieses fadenscheinige Argument gesogen?

Ich könnte verstehen, dass man mich loswerden wollte, wenn ich die anderen Kinder bedrohen, beissen, kratzen, verletzen, schlagen, in ihrem Lernprozess aufhalten ... oder sonst etwas würde. Ich könnte verstehen, dass die Erzieherinnen sich mit mir unwohl fühlen wuerden, wenn die Gefahr bestünde, dass ich plötzlich einen Herzanfall bekäme, epileptische Anfälle hätte, an meinem eigenen Erbrochenen ersticken könnte.

Nun ist aber - zumindest bisher - nichts von dem Genannten der Fall.
Ich beisse, kratze und haue schonmal, aber kaum mehr als andere Kinder.

Ich kann mich allerdings Siebentausend mal nach Gründen fragen.
Und das bringt mich keinen Schritt weiter.
Weiter bringt mich die Beantwortung der Frage: "Was nun?"
Sollen Mami und Papi auf die Barrikaden gehen?
Oder vielleicht doch besser der Devise folgen: "Wo man mich nicht haben will, da will ich auch nicht hin!"?

Ein Problem hierbei ist das Fehlen von Alternativen.
Wenn wir - die "Bedingungen" vorausgesetzt - einen Laden finden würden, der 5/10 (Prioritätenliste) erreicht, könnten wir uns glücklich schätzen. Aber vielleicht haben wir "glücklich" aufgebraucht. Denn seit meiner erfolgreichen Herz-OP hatten wir - den Umständen entsprechend - ziemlich viel davon.

Festzuhalten bleibt, dass ich nun endlich gemerkt habe, dass ich anders bin.
Die Gesellschaft und ihre Gesetzgeber tun so, als wollten sie alles dafür tun, damit einem Kind (oder auch nicht Kind) eine solche Erfahrung erspart bleibt. Gelungen ist dies der Gesellschaft und ihren Gesetzgebern nicht. Ich kann nicht penetrant-ignorant behaupten, dass ich doch dazu gehöre, solange man mir auf die beschriebene Weise das Gegenteil beweist. Ich muss allerdings ganz-sehr-doll auch sagen, dass es der Gesellschaft (inklusive ihrer Gesetzgeber) zumindest zum Teil doch gelingt. Denn die Begleitumstände der ersten 4 Jahre meines Lebens sprechen ihre eigene Sprache.

 
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